Coronavirus

Arbeitgeber kann Mundschutz und Handschuhe nicht einseitig verbieten

18. März 2020
Corona
Quelle: pixabay

Der Arbeitgeber kann Mitarbeitern nicht ohne Beteiligung des Betriebsrats verbieten, zum Schutz vor dem Coronavirus Mundschutz und Handschuhe zu tragen. Da der Arbeitgeber nachgab, hat das Gericht keine Entscheidung erlassen – aber die Position des Betriebsrats bestätigt. Von Margit Körlings.

Darum geht es

Der Fall ist schon fast wieder überholt. Aber noch vor wenigen Wochen wollte ein Betreiber von Duty-Free-Shops auf dem Berliner Flughafen den Mitarbeitern untersagen, während der Arbeit – insbesondere bei der Ankunft von Flügen aus China - Mundschutz und Handschuhe zu tragen.

Der Betriebsrat beantragte eine einstweilige Verfügung. Er war der Auffassung, der Arbeitgeber hätte gegen das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Absatz 1 Nr. 7 BetrVG verstoßen, da er das Gremium vor Ausspruch des Verbots nicht beteiligt hat. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat bei Regelungen mitzubestimmen, die dem Verhüten von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und dem Gesundheitsschutz dienen.

Kurz vor der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht (ArbG) gab der Arbeitgeber nach und gestattete das Tragen von Mundschutz und Handschuhen während der Arbeit. Daraufhin hat der Betriebsrat das Verfahren für erledigt erklärt, so dass das Gericht nicht mehr entscheiden musste.

Wie hätte das Gericht entschieden?

Es geht um den Gesundheitsschutz. Der Begriff bestimmt sich nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Dieses verfolgt den Zweck, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern (§ 1 Abs. 1 ArbSchG). Der Begriff der Maßnahmen ist also weit zu verstehen. Es sind Maßnahmen gemeint, die dazu geeignet sind, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu erhalten. Erfasst werden auch vorbeugende Maßnahmen (BAG 18.08.2009 – 1 ABR 43/08).

Angesichts des sich ausbreitenden Coronavirus war die Haltung der Arbeitnehmer absolut nachvollziehbar. Der Betriebsrat hätte nichts gegen das Anliegen der Mitarbeiter einzuwenden gehabt. Er konnte dies aber nur durchsetzen, indem er sich auf sein Mitbestimmungsrecht bei etwaigen Verboten beruft. Formal hätte das Gericht beschließen müssen, dass der Arbeitgeber seine Anweisung, bei der Arbeit weder Mundschutz noch Handschuhe zu tragen, wegen der Verletzung des Mitbestimmungsrechts wieder aufheben muss.

Hinweis für die Praxis

Konkrete Ansprüche hängen von der Art des Betriebes ab

Wie bei Influenza und anderen Atemwegserkrankungen schützen das Einhalten der Husten- und Niesregeln, eine gute Händehygiene sowie Abstandhalten zu Erkrankten (etwa ein bis zwei Meter). Auch auf das Händeschütteln sollte verzichtet werden.

Ob der Arbeitgeber Desinfektionsmittel, Masken und Handschuhe zur Verfügung stellen muss, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere von der Art des Betriebes und den geltenden staatlichen Anordnungen. Dies ist bei Betrieben mit besonders viel Kundenkontakt wie an Flughäfen eher der Fall. und erst recht in Betrieben, in denen Beschäftigte mit Personen aus besonders betroffenen Ansteckungsgebieten zu tun haben. Es dürfte im Interesse des Arbeitgebers zur Aufrechterhaltung des Betriebes sein, dass sich die Beschäftigten so gut wie eben möglich schützen. Daher kann der Arbeitgeber das Tragen von Mundschutz und Handschuhen nicht verweigern und muss dies sogar anordnen, wenn der Arbeitsplatz mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, etwa in den Pflegeberufen.

Es ist daher im Interesse des Arbeitgebers, ausreichend Seife und Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen, wenn darauf auch nicht immer ein individueller Anspruch der Beschäftigten besteht. Dies gilt ebenso, entsprechend der oben gemachten Ausführungen, für Mundschutz und Handschuhe in bestimmten Betrieben. Auch wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter per Direktionsrecht anweist, sich regelmäßig die Hände zu waschen oder zu desinfizieren oder einen Mundschutz zu tragen, muss er das Mitbestimmungsrecht beachten und seine Anweisungen mit dem Betriebsrat abstimmen. Auch wenn es noch keinen allgemeinen Rechtsanspruch auf Arbeit im Home-Office gibt, wird sich bei der derzeitigen Krisensituation kein verständiger Arbeitgeber dem verschließen.

Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

ArbG Berlin (04.03.2020)
Aktenzeichen 55 BVGa 2341/20
Sie erhalten diese Entscheidungsbesprechung als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 18.3.2020.
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