Aktuelles zur Betriebsratsarbeit

Corona-Tracing-App und Mitbestimmung

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Seit heute ist eine staatliche Corona-Tracing-App verfügbar. Auch Betriebsräte sind nun mit Fragen konfrontiert »Ob und unter welchen Voraussetzungen darf ihr Einsatz im betrieblichen Kontext erfolgen?« und »Wie können wir sinnvoll den Einsatz der App zur Infektionsvermeidung regeln?«.

Um eine zweite Infektionswelle zu vermeiden und dennoch die sozialen Kontaktbeschränkungen lockern zu können, hat die Bundesregierung eine Corona-Warn-App entwickeln lassen. Die Nutzung dieser App erfolgt freiwillig.

Funktionsweise der Corona-Tracing-App

Die Corona-Tracing-App identifiziert Kontakte mit Infizierten über Bluetooth. Dafür tauschen Smartphones, die sich in gegenseitiger Reichweite befinden, temporäre, sich ständig erneuernde Identifikationsnummern (IDs) aus.

Im Falle einer Infektion kann der Betroffene die IDs seiner App nach einer Authentifizierung auf Servern der Gesundheitsbehörden hochladen. Die IDs seiner Kontakte werden aber nicht hochgeladen. Die Apps aller Nutzer gleichen ständig ab, ob eine Übereinstimmung zu einer ID besteht, mit welcher in den vergangenen 14 Tagen ein Kontakt stattgefunden hat.

Je nach Dauer und Nähe eines Kontaktes gibt die App eine Warnung aus, der Nutzer erfährt aber nicht, durch wen er infiziert worden sein könnte. Nach der Warnung sollten sich die Betroffenen mit den Gesundheitsbehörden in Verbindung setzen und sich beispielsweise auf eine Infektion mit dem Coronavirus testen lassen oder in häusliche Quarantäne begeben.

Verarbeitung personenbezogener Daten?

Der App ist die Identität des Nutzers des Smartphones unbekannt. Bei der Installation werden keine personenbezogenen Daten abgefragt oder registriert. Standortdaten werden während der Nutzung nicht ausgelesen. Nur dann, wenn ein Infizierter seine IDs auf die Server hochladen möchte, um andere Nutzer zu warnen, muss er sich identifizieren.

Darüber hinaus speichert die App weitere Daten, die für die Berechnung des Risikofaktors erforderlich sind, wie die empfangene Signalstärke, um die Entfernung zu berechnen, und Zeitpunkt sowie Dauer des Kontaktes. Doch handelt es sich dabei bereits nicht mehr um personenbezogene Daten, weil sie keinen Rückschluss auf die Identität des Nutzers oder Kontaktes ermöglichen.

Nutzer können jederzeit die gespeicherten IDs löschen, die Bluetooth-Schnittstelle deaktivieren oder die App löschen.

Einsatz der Corona-Tracing-App im Betrieb

Der Einsatz der Corona-Tracing-App ist auch im Betrieb nur freiwillig denkbar. Selbst auf einem Dienst-Smartphone, das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zur Nutzung überlässt, kann die App nicht verpflichtend vorinstalliert oder ihre Aktivierung vorgeschrieben sein. Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmern auch nicht vorschreiben, im Falle einer Infektion diese in die App einzutragen.

Denkbar ist aber eine Regelung, dass das Betreten des Betriebsgeländes nur mit aktiver App gestattet wird, wenn im Betrieb eine bestätigte Covid-19-Infektion oder ein Verdacht auf eine entsprechende Infektion vorliegt. Verweigert ein Arbeitnehmer bei bestehender Infektion oder einem Infektionsverdacht das Nutzen der App, muss er im Home-Office arbeiten. Ist  Home-Office nicht vereinbart, ist er bezahlt freizustellen.

Wichtig: Es dürfen an die Nutzung der App auch keine mittelbaren Vorteile wie Boni oder Gesundheitszulagen geknüpft werden.

Mitbestimmungsrecht bei Einsatz der Corona-Tracing-App im Betrieb

Ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziffer 6 BetrVG beim Einsatz der Corona-Tracing-App im Betrieb wird nur dann bestehen, wenn der Arbeitgeber in der Lage ist, zu überprüfen, ob die App verwendet wird. Ansonsten ist es gelungen, die App so zu programmieren, dass sie vollständig ohne die Verarbeitung personenbezogener Daten auskommt.

Ihr Einsatz bleibt nach § 87 Abs. 1 Ziffer 7 BetrVG mitbestimmungspflichtig, denn die Nutzung der Corona-App im Betrieb ist eine Maßnahme des Arbeitsschutzes nach § 3 Abs. 1 ArbSchG. Der Betriebsrat hat über das »Ob« einer Nutzungspflicht und über jede Form der Ausgestaltung mitzubestimmen. Er hat insbesondere darüber zu wachen, dass dem Arbeitgeber jede Möglichkeit der Einsichtnahme in die Daten der App (zum Beispiel durch einen Remotezugriff auf das dienstliche Smartphone oder Auslesen der Bluetooth-Datenströme) auch technisch unmöglich bleibt. Der Betriebsrat muss darauf achten, dass der Einsatz so vereinbart wird, dass der Arbeitgeber nicht überprüfen kann, ob Infizierte die IDs der App auf die Server hochgeladen haben.


Daniel Wall, Rechtsanwalt

 

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