Mutterschutz

Mutterschutzlohn für längere Stillzeit setzt ärztliches Attest voraus

14. Januar 2021
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Quelle: © Andy Dean / Foto Dollar Club

Stillt eine Arbeitnehmerin ihr Kind über das erste Lebensjahr hinaus weiterhin und arbeitet deswegen nicht, hat sie jedenfalls dann keinen Anspruch auf Mutterschutzlohn, wenn für die Stillzeit kein ärztlich attestiertes Beschäftigungsverbot vorliegt.

Darum geht es:

Der Arbeitgeber betreibt eine Zahnarztpraxis in Frankfurt am Main. Die Arbeitnehmerin ist bei ihm als Zahnärztin angestellt. Die Arbeitnehmerin hat im März 2019 ein Kind geboren. Der Arbeitgeber fordert von der gesetzlichen Krankenkasse der Zahnärztin die Erstattung von knapp 200.000 Euro für die Zahlung eines monatlichen Mutterschutzlohnes in Höhe von fast 25.000 Euro seit März 2020. Er macht geltend, seine Arbeitnehmerin habe ihr Kind über das erste Lebensjahr hinaus weiterhin gestillt und dürfe daher nicht beschäftigt werden dürfe.

Die gesetzliche Krankenkasse lehnt eine Erstattung ab, da das Mutterschutzgesetz einen Schutz der stillenden Frau durch Gewährung von Stillpausen nur innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Geburt vorsehe. Der Arbeitgeber beantragte beim Sozialgericht eine einstweilige Anordnung.

Das sagt das Gericht

Das Sozialgericht (SG) Frankfurt hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Der Anspruch auf Mutterschutzlohn richtet sich dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) und setzt außerhalb der Schutzfristen ein Beschäftigungsverbot voraus (§ 18 MuSchG). Aus Sicht des Gerichts fehlt der Nachweis über ein Beschäftigungsverbot für die Stillzeit. Die Arbeitnehmerin habe kein ärztliches Attest über den konkreten Stillumfang sowie etwaige, von ihrer Arbeit als Zahnärztin ausgehende, gesundheitliche Gefährdungen vorlegen können (§ 16 MuSchG).

Auch mit der vom Gericht angeforderten eidesstattlichen Versicherung habe sie keine konkreten Stillzeiten während ihrer Arbeitszeit glaubhaft machen können,
zumal ihr Kind tagsüber in einer Kindertagesstätte betreut werde. Der Antragsteller habe nicht nachweisen können, dass eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen zur Vermeidung von gesundheitlichen Gefährdungen seiner Arbeitnehmerin nicht möglich oder aufgrund unverhältnismäßigen Aufwandes unzumutbar sei.

Weshalb ein Arbeitgeber die Nichterbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung bei gleichzeitiger Fortzahlung eines derart hohen Entgeltes ohne Weiteres akzeptiert, erschloss sich dem Gericht in keiner Weise.

Darüber scheide eine einstweilige Anordnung für Zeiträume, die vor Antragstellung bei Gericht liegen, regelmäßig aus. Eine dringende Notlage, die eine sofortige Entscheidung erfordert, sei für vergangene Zeiträume nicht gegeben. Eine Gefährdung der Existenz könne rückwirkend nicht behoben werden. Ferner sei der pauschale Hinweis des Antragstellers auf eine bestehende oder drohende wirtschaftliche Notlage auch in Pandemiezeiten nicht ausreichend, um die Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

SG Frankfurt (24.11.2020)
Aktenzeichen S 34 KR 2391/20 ER
SG Frankfurt, Pressemitteilung vom 7.1.2021
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