Arbeitsschutz

Corona als gefährlicher Biostoff

18. September 2020 Corona, Biostoff
Corona_Labor
Quelle: pixabay

Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach dem Lockdown kann gefährlich sein. Das Corona-Virus ist nicht gebannt. Die Ansteckungsgefahr bleibt. Das Unterlassen geeigneter Arbeitsschutzmaßnahmen durch den Dienstgeber kann fatale Folgen haben. Mitarbeitervertretungen sollten daher handeln.

Der Dienstgeber muss im Rahmen seines Hygienekonzepts neben dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und zahlreichen Spezialnormen nun auch die Biostoffverordnung (BioStoffV) berücksichtigen. Diese Vorschrift ist in den Fokus gerückt, seit Viren und damit auch das Coronavirus als Mikroorganismen und damit als »Biostoffe« eingeordnet werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BioStoffV).

Pflichten des Dienstgebers: Gefährdungsbeurteilung

Um eine erneute Gefährdungsbeurteilung wird kaum ein Dienstgeber herumkommen (§ 5 ArbSchG, § 4 BioStoffV, § 3 ArbStättV). Es sind konkrete Maßnahmen zu ermitteln, die zum Schutz der Dienstnehmer gegen eine Ansteckung durch Corona zu ergreifen sind. Dazu müssen Dienstgeber und Mitarbeitervertretung genau prüfen, bei welchen Arbeitsabläufen erhöhte Infektionsrisiken durch das Coronavirus bestehen.

Bei der Entscheidung für die Präventionsmaßnahmen sind der Stand der Technik und der Hygiene und alle arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Dabei sind vor allem die Regelungen im SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des BMAS und der gerade verabschiedeten SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel relevant.

Corona-Ansteckung am Arbeitsplatz jetzt doch ein Arbeitsunfall?

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hatte zunächst angekündigt, Personenschäden infolge von Corona-Infektionen am Arbeitsplatz nicht zu übernehmen, da es sich bei der Ansteckung um eine »Allgemeingefahr« handele. Auf Grundlage der aktuellen Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus hat die DGUV aber inzwischen mitgeteilt, dass die Infektion auch einen Arbeitsunfall darstellen kann – unabhängig davon, ob Beschäftigte in einem besonders gefahrgeneigten Betrieb wie z. B. einem Krankenhaus arbeiten. Dafür müsse die Infektion laut DGUV auf eine nachweislich mit dem Virus infizierte Person (»Indexperson«) zurückzuführen sein. Dies setzt einen intensiven beruflichen Kontakt mit der Indexperson voraus. Hierbei kommt es v. a. auf die Dauer und die Intensität des Kontakts an. Kann keine konkrete Indexperson festgestellt werden, kann im Einzelfall auch eine größere Anzahl nachweislich infizierter Personen innerhalb des Betriebs oder der Einrichtung ausreichen. Dies gilt auch, wenn die Infektion auf dem Weg zur oder von der Arbeit passiert. Die DGUV wird im Einzelfall aber sehr genau prüfen, ob im maßgeblichen Infektionszeitraum auch Kontakte zu anderen Indexpersonen außerhalb der Arbeit bestanden. Diese Kontakte können einer Anerkennung als Arbeitsunfall entgegenstehen.

Haftung des Arbeitgebers

Wird die Ansteckung als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit anerkannt, haftet der Dienstgeber nicht für Personenschäden. Beschäftigte haben dann nur einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 104 ff. SGB VII).

Liegt weder Arbeitsunfall noch Berufskrankheit vor, sind Beschäftigte auf die Leistungen der Krankenversicherung angewiesen. Dann kommt aber zusätzlich auch ein Schadensersatzanspruch gegen den Dienstgeber in Betracht, wenn dieser die gebotenen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen nicht getroffen oder ihre Einhaltung nicht überwacht hat. Nachlässigkeit mit Blick auf das Corona-Virus kann für den Dienstgeber also trotzdem fatale Folgen haben. Der Arbeitnehmer muss dann beweisen, dass ein ordnungswidriger Zustand vorlag und die Erkrankung höchstwahrscheinlich darauf beruhte. Gelingt dies, kann auch Schmerzensgeld verlangt werden (§ 253 Abs. 2 BGB).

Ohne MAV geht es nicht

Mitarbeitervertretungen sollten von ihren Rechten im Arbeitsschutz Gebrauch machen und den Dienstgeber auf die dringende Notwendigkeit wirksamer Arbeitsschutz- und Hygienemaßnahmen hinweisen. 

Mehr Informationen

GDA-Leitlinie SARS-CoV-2 für den Arbeitsschutz

Neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel

 

© bund-verlag.de (fro)

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