Personalentscheidung

Neugier kann den Job kosten

10. November 2020 Beamte, Personalrat
betriebsrat-mitbestimmung-gruppe

Der Personalrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Dienstenthebung einer Führungskraft. Das hat das OVG Bremen in einem Fall entschieden, in dem die Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes Bremerhaven selbst auf dem Prüfstand war.

Das war der Fall

Gegen die Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes Bremerhaven liefen zunächst strafrechtliche (gegen Geldauflage eingestellt) und disziplinarrechtliche Verfahren, weil im Raum stand, dass sie an ihre Mitarbeiter adressierte Briefe geöffnet habe. Der Personalrat beim Magistrat Bremerhaven forderte, dass dieser der Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes die Führung der Dienstgeschäfte vorläufig verbieten müsse, was der Magistrat ablehnte – ebenso wie die Bildung einer Einigungsstelle. Begründung: Er könne der Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes die Führung der Dienstgeschäfte nicht verbieten, da Bedienstete des Rechnungsprüfungsamtes nach § 72 Abs. 2 der Stadtverfassung Bremerhaven nur auf Vorschlag der Stadtverordnetenversammlung bestellt, befördert und entlassen werden könnten. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei faktisch eine Entlassung, weil es die Tätigkeit der Beamtin unterbinde.

Das sagt das Gericht

Vor dem VG Bremerhaven scheiterte der Personalrat, das OVG Bremen gab dem Gremium Recht: Es hat festgestellt, dass dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht beim Verbot der Führung der Dienstgeschäfte durch die Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes. Denn der Magistrat ist nicht an die Stadtverordnetenversammlung gebunden, sondern vielmehr befugt, alleine über ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte zu entscheiden. Daher könne der Personalrat bei dieser Entscheidung auch mitbestimmen und bei fehlender Einigung die Einberufung einer Einigungsstelle verlangen. Ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei mit einer Entlassung im Sinne von § 72 Abs. 2 der Stadtverfassung (der im übrigen unwirksam ist) keineswegs vergleichbar, da es sich bei dieser personellen Maßnahme nur um eine vorläufige und vorübergehende Maßnahme handle, so das Gericht.

Zwar unterbinde auch das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte die Tätigkeit der Leiterin im Rechnungsprüfungsamt, es ist gesetzlich aber auf maximal drei Monate begrenzt, sofern nicht in dieser Zeit ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist (§ 39 Satz 2 BeamtStG). Außerdem ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte an enge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft. Es ist nach § 39 BeamStG nur aus zwingenden dienstlichen Gründen zulässig. 

Die Einigungsstelle müsse nun in einem weiteren Mitbestimmungsverfahren prüfen, ob die Leiterin des Rechnungsprüfungsamts die Geschäfte weiterführen darf. Der Personalrat hat dabei mitzubestimmen.

Das muss der Personalrat wissen

§ 72 Abs. 2 der Stadtverfassung sollte bei der Beurteilung nicht zur Anwendung kommen, die Norm sei unwirksam, so das OVG in seiner Entscheidungsbegründung: Nur der Magistrat oder der Oberbürgermeister hätten eine Entscheidungsbefugnis bei solchen personellen Fragen städtische  Beamten betreffend. Eine Sonderstellung der im Rechnungsprüfungsamt tätigen Beamten könne nicht in der Stadtverfassung geregelt werden, sondern nur in einem Landesgesetz – was bisher allerdings für das Rechnungsprüfungsamt nicht geschehen ist. Da die Aufgabe der Stellenbesetzung oder auch der Dienstenthebung dem Magistrat/Oberbürgermeister zufällt, hat der Personalrat entsprechende Mitbestimmungsrechte, die notfalls mittels Einigungsstelle durchgesetzt werden können. 

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

OVG Bremen (27.05.2020)
Aktenzeichen 6 LP 287/19
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