Nominierung: Deutscher Personalräte-Preis 2016

Bewerber/in: Gesamtpersonalrat AOK PLUS, Leipzig
Projekt: Dienstvereinbarung Alternative Arbeitsplätze
Beschäftigtenzahl: 7.400
Projektzeit:  

 

Kurzbeschreibung

Neue Dienstvereinbarung enthält paritätische Konfliktlösestelle.

Motiv

2008 fusionierten die AOK Sachsen und AOK Thüringen zur AOK PLUS, weshalb die bestehenden Dienstvereinbarungen zusammengeführt werden mussten; die Parteien einigten sich hier auf den „kleinsten Nenner“. Die neue Dienstvereinbarung Telearbeit deckte daher nur den Mindeststandard ab, ohne z. B. zu berücksichtigen, dass Arbeitsaufgaben zentralisiert wurden, sodass zahlreiche Mitarbeiter den Arbeitsort wechseln mussten oder nun längere Arbeitswege hatten. Diese zeitliche Belastung sorgte dafür, dass Familie und Beruf schwer zu vereinbaren waren. Betroffen von der Fusion waren auch Mitarbeiter der Kubus IT GbR, die als gemeinsamer IT-Dienstleister der ehemaligen AOK Sachsen zusammen mit der AOK Bayern gegründet worden war. Die Mitarbeiter von Kubus IT GbR hatten nun einen Einsatzradius von drei Bundesländern. 2013 gab es eine Re-Auditierung durch die Hertie-Stiftung, die der Gesamtpersonalrat als Anlass nahm, die neuen Arbeitsumstände in neuen Dienstvereinbarungen zu regeln.

Vorgehen

Im ersten Re-Auditierungsworkshop vereinbarten der Gesamtpersonalrat und der Arbeitgeber eine enge Zusammenarbeit beim Entwurf der Dienstvereinbarungen. In den folgenden Monaten fanden mehrere Workshops statt, in denen die Arbeitsgruppe „Gesundheit und Familie“ des Gesamtpersonalrats federführend war. Alle Parteien wollten eine einvernehmliche Lösung finden, daher verliefen die Gespräche überwiegend sehr engagiert und harmonisch, ein sehr strittiger Punkt war allerdings die „Clearingstelle“, die der Gesamtpersonalrat einrichten wollte. Mit dieser durch den Gesamtpersonalrat und den Arbeitgeber paritätisch besetzten Konfliktlösestelle wollte der Gesamtpersonalrat erreichen, dass er bei der Entscheidung über die Telearbeit gleichberechtigt mitbestimmen und die Interessen der Beschäftigten nachhaltig vertreten kann. Der Arbeitgeber lehnte eine solche Stelle aber als unnötig ab, weshalb der Gesamtpersonalrat zweimal mit dem Abbruch der Verhandlungen drohte: Ohne eine solche Clearingstelle wäre die Dienstvereinbarung ein „zahnloser Tiger“, da die Entscheidung letztlich beim Arbeitgeber liegen würde. Der Gesamtpersonalrat beharrte auf das Einsetzen einer solchen Stelle und nach mehreren kontrovers diskutierten Diskussionen stimmte der Arbeitgeber der Einrichtung zu.

Ergebnis

Ende Oktober unterzeichneten die Parteien die „Dienstvereinbarung ,Alternative Arbeitsplätze’“, die zum 1.1.2015 wirksam wurde. Die Parteien regelten u.a., welche Arbeitsplätze als alternative Arbeitsplätze gelten sowie den Datenschutz oder die Arbeitszeiterfassung. Die Clearingstelle als betriebliches Gremium gab sich unter Mitwirkung des Arbeitgebers und des Gesamtpersonalrats eine Geschäftsordnung, wodurch seine Entscheidungen für die Mitarbeiter und für die Führungskräfte oder den Personalbereich bindend und ggf. gerichtlich überprüfbar sind. Die neue Dienstvereinbarung wurde den Mitarbeitern über das Mitarbeiterportal, über die Mitarbeiterzeitung sowie in den Personalversammlungen vorgestellt. Seit Bestehen der neuen Dienstvereinbarung gab es ca. 297 Neuanträge auf einen alternativen Arbeitsplatz. Die Clearingstelle wurde bis jetzt noch nicht angerufen, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Führungskräfte im Vorfeld das Gespräch mit dem betroffenen Beschäftigten und der Personalvertretung suchen, um einen Konflikt und damit letztlich eine Entscheidung durch Dritte zu vermeiden.