Lohngleichheit

Niedrigeres Gehalt lässt Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten

25. Januar 2021
Team Frauen Männer Lohn Gehalt Geld
Quelle: www.pixabay.com/de

Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts wird vermutet, wenn eine Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz ergibt, dass eine Arbeitnehmerin schlechter bezahlt wird als eine männliche Vergleichsperson. Diese Vermutung muss der Arbeitgeber widerlegen, der ja auch die Vergleichsperson benannt hat. Kann er dies nicht, hat die Arbeitnehmerin Anspruch auf die höhere Bezahlung – so das Bundesarbeitsgericht.

Frauen und Männer haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit. Dies garantieren der EU-Vertrag (Art. 157 AEUV) und in Deutschland das Grundgesetz (Art. 3 GG), das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und das Entgelttransparenzgesetz (§ 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG). Sie können überprüfen, ob ihr Arbeitgeber dieses Gebot einhält.  Dafür schafft das Gesetz einen Auskunftsanspruch (§§ 10 EntgTranspG). Dass diese Auskunft rechtlichen Stellenwert hat und Ansprüche auslösen kann, hat nun das BAG bestätigt. 

Darum geht es

Die Arbeitnehmerin ist bei ihrem Unternehmen als Abteilungsleiterin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Arbeitgeberin eine Auskunft nach §§ 10 ff. EntgTranspG. Aus dieser geht unter anderem das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleiter hervor.

Die Arbeitgeberin gab nach den Vorgaben von § 11 Abs. 3 EntgTranspG den «auf Vollzeitäquivalente hochgerechneten statistischen Median" des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage (Median-Entgelte) an.

Das Vergleichsentgelt liegt sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Abteilungsleiterin. Sie erhob Klage auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und den ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelten.

Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat die Klage in der Berufungsinstanz abgewiesen. Es hat angenommen, es lägen schon keine ausreichenden Indizien dafür vor, dass die Klägerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei (LAG Niedersachsen 1.8.2019 - 5 Sa 196/19).

Das sagt das BAG

Vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatte die Abteilungsleiterin Erfolg. Das LAG hätte die Klage nicht mit dieser Begründung abweisen dürfen, denn die Auskunft der Arbeitgeberin nach dem EntgTranspG sei bereits ein hinreichendes Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.

In der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber liegt zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält.

Damit hat die Klägerin erfahren, dass sie gegenüber der von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson unmittelbar benachteiligt wird, weil sie ein geringeres Entgelt erhält. Das ist einer der im Gesetz genannten Fälle der verbotenen Entgeltbenachteiligung (§ 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG).

Entgegen der Annahme des LAG begründet dieser Umstand zugleich die Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung »wegen des Geschlechtsֿ« erfahren hat (§ 22 AGG). Diese Vermutung kann die Arbeitgeberin widerlegen, sie hat dafür allerdings die Darlegungs- und Beweislast. 

Das LAG muss neu verhandeln

Aufgrund der bislang vom LAG getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Arbeitgeberin die Vermutung, dass die Klägerin wegen ihres Geschlechts beim Gehalt benachteiligt wurde, entsprechend widerlegt hat. Diese Frage muss das Landesarbeitsgericht in einem neuen Verfahren prüfen.

Hinweis für die Praxis

Die Arbeitnehmerin hat noch nicht gewonnen, indem sie eine Gehaltserhöhung erzielt hat. Allerdings bedeutet das Urteil einen wichtigen Schritt für alle Beschäftigten, die sich gegen eine Benachteiligung beim Gehalt wegen ihrs Geschlechts wehren. Denn das EntgTranspG wurde eigens erlassen, um solche Benachteiligungen abzustellen. Wenn die Pflichtauskunft des Arbeitgebers nach diesem Gesetz nun gesetzlich als Indiz für eine Benachteiligung hinreicht, wird dies in vielen Fällen die Bereitschaft der Arbeitgeber erhöhen, eine Benachteiligung der Betroffenen beim Gehalt zu korrigieren.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (21.01.2021)
Aktenzeichen 8 AZR 488/19
BAG, Pressemitteilung vom 21.1.2021
Lena Oerder, u.a.
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