Schwerbehinderung

Schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen einstellen

01. Dezember 2023 Schwerbehinderung, Einstellung
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Quelle: © Doris Heinrichs / Foto Dollar Club

Vorbildliche Inklusion bei der Personalpolitik, bei Neueinstellungen und bei Stellenbesetzungen: Dreh- und Angelpunkt sind dabei der § 164 SGB IX und weitere Rechtsgrundlagen. Prof. Dr. Franz Josef Düwell präzisiert in »Gute Arbeit« 11/2023 die Handlungsmöglichkeiten der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebs- und Personalrats.

Der Gesetzgeber erwartet von Arbeitgebern, egal ob aus der Privatwirtschaft oder von Behörden, dass sie an der gesellschaftlichen Aufgabe der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in Arbeit und Beruf kooperativ mitwirken.

Verfahren und Vorgaben für Inklusion

Doch der Gesetzgeber hat einen realistischen Blick auf die soziale Wirklichkeit und stellt in Rechnung, dass nicht alle Arbeitgeber guten Willens sind. Deshalb hat er Anreize gesetzt, Sanktionen angedroht und Verfahren vorgegeben, um dem guten Willen auf die Sprünge zu helfen. § 164 Abs. 1 SGB IX enthält dazu Vorgaben für die drei folgenden Verfahrensschritte:

  1. Gemeinsame Prüfung mit der Schwerbehindertenvertretung (SBV) und anschließender Anhörung der Interessenvertretungen, ob eine freie Stelle für die Besetzung mit arbeitssuchenden schwerbehinderten Menschen geeignet ist (§ 164 Abs. 1 Satz 1-3 und Satz 6).
  2. Beteiligung der Interessenvertretungen und der SBV an der Auswahl aus Bewerbungen und Vermittlungsvorschlägen (§ 164 Abs. 1 Satz 4 sowie Satz 10) mit erweiterten Rechten der SBV auf Einsicht in die Unterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen (§ 178 Abs. 2 Satz 4).
  3. Rechtfertigung einer beabsichtigten Auswahl gegenüber den Interessenvertretungen und der SBV sowie der betroffenen Person bei Unterschreiten der Mindestbeschäftigungsquote (§ 164 Abs. 1 Satz 7-9 SGB IX).

Kooperation: Arbeitgeber und Interessenvertretungen

Damit greift der Gesetzgeber bewusst und gewollt in die Organisationsfreiheit des Arbeitgebers ein. Sinn der Regelungen ist es, den Arbeitgeber zu veranlassen, in Zusammenarbeit mit der SBV und den Beschäftigtenvertretungen Benachteiligungen wegen der Behinderung auszuschließen und alle Möglichkeiten zur Eingliederung auszuschöpfen, die zumutbar sind.

Diese Gesetzgebung ist eine positive Maßnahme zum Ausgleich der empirisch belegbaren Nachteile der Gruppe der schwerbehinderten Menschen beim Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie ist nach Art. 7 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie der Europäischen Union (EU) zugelassen und auch nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. e der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) geboten. Die in § 164 Abs. 1 SGB IX aufgestellten Vorgaben betreffen die einzelnen Schritte, die bei der Besetzung neuer Stellen oder zur Wiederbesetzung vorgesehener freiwerdender Stellen einzuhalten sind.

Alle Interessenvertretungen fördern Inklusion

Der Gesetzgeber setzt auf die engagierte Mitwirkung der im Betrieb oder in der Dienststelle gewählten Beschäftigtenvertretungen, denen er zu diesem Zweck Beteiligungsrechte einräumt. Die Beschäftigtenvertretungen müssen von diesen Rechten auch Gebrauch machen. Sie haben den gesetzlichen Auftrag, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern.

Werden von Betriebs- oder Personalräten die in § 164 Abs. 1 SGB IX eingeräumten Rechte auf Beteiligung am Einstellungsverfahren nicht wahrgenommen, so liegt darin eine Pflichtverletzung. Grob wird diese Pflichtverletzung, wenn sie trotz Mahnung beharrlich fortgesetzt wird. Dann kann sie nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 BetrVG und der entsprechenden personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen mit der Auflösung des Betriebs- bzw. Personalrats geahndet werden.

Wer viel mehr über die gesetzlichen Grundlagen, die Rechte und Pflichten der SBV sowie der anderen Interessenvertretungen lesen möchte, greift zur Zeitschrift »Gute Arbeit« 11/2023.

Weitere Informationen

Prof. Franz Josef Düwell: »Einstellung schwerbehinderter Menschen« (»Gute Arbeit« 11/2023, S. 36-39).

Zum Thema erschien bereits in Ausgabe 10/2023 ein Beispiel guter Praxis: Dr. Klaus Heimann, »Stadtwerke Bamberg: So funktionier Inklusion« (S. 36-39).

Zudem das Titelthema in »Gute Arbeit« 11/2023 (S. 8-19): »Chancen nutzen, Risiken minimieren – Arbeit unter digitalen Bedingungen«:

  • Dr. Nadine Müller: »Der digitale Wandel eilt voran, die Arbeitsqualität sinkt« (S. 8-12).
  • Karl-Heinz Brandl: »BeDaX: Prüftool für den Beschäftigtendatenschutz« (S. 13-16).
  • Steffanie Schiffe: »Digitale Tools für gewerkschaftliche Arbeit« (S. 17-19).

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