Corona-Infektion

Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei symptomloser Covid-Infektion

Corona test schnelltest positiv
Pixabay.com/de | Bild von Gerd Altmann (geralt)

Auch bei einer SARS-CoV-2-Infektion ohne Symptome ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt im Sinne des EFZG, wenn er wegen einer Absonderungsanordnung nicht im Betrieb arbeiten darf und nicht von zu Hause arbeiten kann. Bei nachgewiesener Infektion ist keine ärztliche Bescheinigung erforderlich – so das Bundesarbeitsgericht.

 

 

 

Darum geht es

Der Arbeitnehmer ist in der Produktion bei einem Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie tätig. Er hatte sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. Am 26.12. 2021 wurde er positiv auf das Virus getestet. Für die Zeit vom 27. bis zum 31. Dezember 2021 erhielt er, da er unter Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen litt, eine ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU). Für diese Zeit leistete die Arbeitgeberin Entgeltfortzahlung.

Am 29.12.2021 erließ die Gemeinde für den Arbeitnehmer eine Quarantäneverfügung: Er musste sich bis 12.1.2022 in seiner häuslichen Umgebung isolieren. Für die Zeit vom 3. bis zum 12.1.2022 lehnte der Arzt es ab, dem Arbeitnehmer eine weitere AU-Bescheinigung auszustellen. Der Arzt meinte, das positive Testergebnis und die Absonderungsanordnung würden zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ausreichen.

Die Arbeitgeberin sah dies anders. Der Arbeitnehmer habe keine AU-Bescheinigung erhalten und sei an der Quarantäneverfügung im Übrigen selbst schuld, da er sich nicht habe impfen lassen.  In der Verdienstabrechnung für Januar 2022 zog die Arbeitgeberin für diese Zeit vom Lohn des Klägers ca. 1.000,00 Euro brutto ab. Mit seiner Klage hat der Arbeitnehmer Zahlung dieses Betrags verlangt.

Das Landesarbeitsgericht hatte zuletzt die Arbeitgeberin zur Zahlung verurteilt.

Das sagt das BAG

Die Arbeitgeberin hatte auch in der Revision der vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) keinen Erfolg.  Der Fünfte Senat des BAG bestätigt die Auffassung des LAG. hat zutreffend erkannt, dass der Kläger aufgrund der SARS-CoV-2-Infektion durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war: Es kam, so die Gerichte übereinstimmend, nicht darauf an, ob bei ihm durchgehend Symptome von COVID-19 vorlagen.

Die SARS-CoV-2-Infektion stellt einen regelwidrigen Körperzustand und damit eine Krankheit dar, die zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Die Absonderungsanordnung der Gemeinde ist keine eigenständige, parallele Ursache für Arbeitsunfähigkeit, vielmehr beruht das daraus folgende Tätigkeitsverbot direkt auf der Infektion (Monokausalität). Diese ist die nicht hinwegzudenkende Ursache für die nachfolgende Absonderungsanordnung.

Wegen der SARS-CoV-2-Infektion war es dem Kläger rechtlich nicht möglich, die geschuldete Arbeitsleistung im Betrieb der Arbeitgeberin zu erbringen (§ 275 Abs. 1 BGB). Zudem lasse sich nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, dass das Unterlassen der empfohlenen Corona-Schutzimpfung für die SARS-CoV-2-Infektion ursächlich war.

Die damaligen wöchentlichen Lageberichte des RKI und dessen Einschätzung der Impfeffektivität ließen Ende Dezember 2021/Anfang Januar 2022 nicht den Schluss zu, dass die beim Kläger aufgetretene Corona-Infektion durch die Inanspruchnahme der Schutzimpfung hätte verhindert werden können.

Der Arbeitgeberin hatte kein Leistungsverweigerungsrecht wegen nicht vorgelegter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG). Der Arbeitnehmer habe durch die Vorlage der Quarantäneverfügung in anderer, geeigneter Weise nachgewiesen hat, dass er infolge seiner Corona-Infektion objektiv verhindert war, seine Arbeitsleistung zu erbringen.

Hinweis für die Praxis

Einseitige Schuldzuweisungen helfen dem Arbeitgeber nicht weiter: Wenn auch die damals für viele vorgeschriebenen oder dringend empfohlenen Impfungen eine symptomlose Corona-Infektion nicht mit Sicherheit verhindern konnte, durfte der Arbeitgeber auch nicht den Lohn kürzen. Ein praktisch auf eine Lohnkürzung hinauslaufendes Zurückbehaltungsrecht wegen einer fehlenden AU-Bescheinigung scheidet aus, wenn das positive Testergebnis und die amtliche Verfügung als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ausreichen.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (20.03.2024)
Aktenzeichen 5 AZR 234/23
BAG, Pressemitteilung 8/24 vom 20.3.2024
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