Sozialversicherungspflicht

Reitlehrerin nur mit eigenen Pferden selbständig

14. August 2024
horse-2820378_640
Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Ralph

Ein Reitverein muss für eine bei ihm tätige Reitlehrerin Sozialversicherungsbeiträge zahlen, wenn sie im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung unterrichtet. Dafür spricht, wenn die Reitlehrerin die vereinseigenen Pferde sowie die Reithalle unentgeltlich nutzt und auch kein unternehmerisches Risiko trägt - so das Hessische Landessozialgericht.

Darum geht es

Eine Reitlehrerin unterrichtete Mitglieder eines gemeinnützigen Reitvereins mit den vereinseigenen Schulpferden auf dem Vereinsgelände zwischen 12 und 20 Stunden wöchentlich. In den Jahren 2015 bis 2018 zahlte ihr der Verein pro Reitstunde 18 €. Die Deutsche Rentenversicherung prüfte den Betrieb des Reitvereins. Sie stellte fest, dass die Reitlehrerin abhängig beschäftigt ist und forderte von dem Verein Rentenversicherungsbeiträge nach. Der Reitverein wandte hiergegen ein, dass die Reitlehrerin selbstständig tätig sei.

Das sagt das Gericht

Das Hessische Landessozialgericht gab der Rentenversicherung Recht. Die Beitragsnachforderung sei rechtmäßig. Eine abhängige Beschäftigung liege vor. Zwar könne ein nebenberuflicher Übungsleiter oder Trainer in Sportvereinen auch selbstständig tätig sein, wie das Vertragsmuster „Freier-Mitarbeiter-Vertrag Übungsleiter Sport“ der Rentenversicherung belege. Einen solchen Vertrag hätten der Reitverein und die Reitlehrerin im vorliegenden Fall aber nicht geschlossen.

Zudem sprächen im konkreten Einzelfall mehr Anhaltspunkte für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung. So habe die Reitlehrerin kein unternehmerisches Risiko getragen. Sie habe keine Rechnungen erstellt und ausschließlich die vereinseigenen Pferde einschließlich Sattel und Zaumzeug genutzt, wofür sie - wie auch für die Nutzung der Reithalle - kein Entgelt gezahlt habe.

Die Hallenzeiten habe sie mit dem Reitverein abgestimmt. Der Reitverein habe die Stundenvergütung vorgegeben. Die Jahresvergütung von durchschnittlich über 6.500 € habe die steuerfreie Aufwandspauschale für Übungsleiter (bis 2020: 2.400 € jährlich) weit überschritten. Schließlich habe der Reitverein auf seiner Homepage mit „unsere Reitlehrerin“ geworben und selbst die Verträge über den Reitunterricht mit den Reitschülern geschlossen. 

Da die Rentenversicherung nur die über der Aufwandspauschale für Übungsleiter liegenden Einkünfte bei der Beitragsberechnung berücksichtigt habe, sei auch die Höhe der Beitragsforderung zutreffend.

Hinweis für die Praxis

Das Gericht weist in  seiner Pressemitteilung darauf hin, dass für die Einstufung als sozialversicherungspflichtiges Entgelt und auch für die Ausnahmen, wie sie z. B. für die Aufwandsentschädigungen von Übungsleitern in Sportvereinen gelten, die Sozialversicherungsentgelt-Verordnung und das Einkommenssteuergesetz maßgeblich sind. Diese lauten auszugsweise:

Ȥ 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung
(1) Dem Arbeitsentgelt sind nicht zuzuordnen:
(...)
16. steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nummer 26 Satz (...) Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen. (...)«

»§ 3 Einkommensteuergesetz (in der bis 2020 gültigen Fassung)
(1) Steuerfrei sind
(...)
26. Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter (...) bis zur Höhe von insgesamt 2 400 Euro im Jahr. (...)«

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

LSG Hessen (02.05.2024)
Aktenzeichen L 1 BA 22/23
Hessisches LSG, Pressemitteilung 6/2024 vom 18.6.2024
AiB-Banner Viertel Quadratisch - Anzeige -
Kittner
Gesetze, Einleitungen, Übersichten - inklusive Online-Zugriff auf alle Inhalte, Gesetze und Rechtsprechung im Volltext
44,00 €
Mehr Infos
Olaf Deinert
Handbuch für die betriebliche Arbeit
59,00 €
Mehr Infos

Das könnte Sie auch interessieren

Löhne Gehälter Lohn Gehalt Entgelt Arbeitsentgelt Sozialversicherung Ordner
Betriebsratsvergütung - Aktuelles

5 Fragen zur neuen Betriebsratsvergütung

Geld
Inflationsausgleichsprämie - Rechtsprechung

Anspruch auf Inflationsausgleichsprämie in der Elternzeit

EU Datenschutz
Künstliche Intelligenz - Aus den Fachzeitschriften

Was bringt die europäische KI-Verordnung für Beschäftigte?

Vase Porzellan China Ming Antiquität
Gesetzliche Unfallversicherung - Rechtsprechung

Schlag mit Vase ist Arbeitsunfall des Betreuers