Kirchliches Datenschutzrecht

Schadensersatzanspruch gehört vor das Arbeitsgericht

16. Juli 2020
Köln Dom Kirche Cologne
Quelle: www.pixabay.com/de

Macht ein kirchlicher Angestellter gegen seinen Arbeitgeber Schadensersatzansprüche wegen Datenschutzverstößen geltend, so muss er vor das Arbeitsgericht, nicht vor das kirchliche Datenschutzgericht. Nur das Arbeitsgericht kann Geldansprüche vollstrecken – so nun das LAG Nürnberg.

Die Kirchen haben eigene Datenschutzregeln, die sie der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) anpassen mussten. Die katholische Kirche hat daher ihr Gesetz über den kirchlichen Datenschutz (KDG) geändert und eine eigene Datenschutzgerichtsbarkeit eingeführt. Nun gibt es viele Abgrenzungsfragen.

Das war der Fall

Der Leiter eines Jugendtreffs in der katholischen Kirche macht Schadenersatzansprüche wegen Datenschutzverstößen geltend. Im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) seien – so der Leiter - Angaben über seine Krankheitsursachen und seinen Gesundheitszustand einem größeren Personenkreis außerhalb des BEM zugänglich gemacht worden.

Sein Arbeitgeber, das Erzbistum Bamberg ist der Ansicht, der Schadenersatzanspruch gehöre vor das kirchliche Gericht. Das Arbeitsgericht (ArbG) Bamberg hatte sich dem angeschlossen und das Verfahren an das Interdiözesane Datenschutzgericht in Köln verwiesen (ArbG Bamberg, 04.02.2020 – 1 Ca 617/19). Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer.

Das sagt das Gericht

Das LAG gibt dem Arbeitnehmer Recht. Die staatliche Arbeitsgerichtsbarkeit ist zuständig. Beruft sich ein kirchlicher Angestellter, der einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag mit der Kirche hat, auf einen Datenschutzverstoß und macht Schadenersatzansprüche geltend, so ist das Arbeitsgericht auch dann zuständig, wenn die Rechtsgrundlage des Anspruchs das kirchliche Datenschutzrecht ist.

Das LAG weist darauf hin, dass selbst nach der kirchlichen Datenschutzordnung das kirchliche Datenschutzgericht nicht in der Lage sei, über einen bezifferten Schadenersatzanspruch zu entscheiden. Zudem unterliegen kirchengerichtliche Urteile nicht der Zwangsvollstreckung.

Allerdings müssen die Feststellungen der kirchlichen Datenschutzaufsicht zu Datenschutzrechtsverstößen von den staatlichen Gerichten berücksichtigt werden. Insgesamt findet damit das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen seine Grenzen. Nur bei Streitigkeiten, bei denen es ausschließlich um die Anwendung kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts geht, ist die Zuständigkeit staatlicher Gerichte ausgeschlossen.

Hintergrund

Das Grundrecht auf Religionsfreiheit (Art. 4 GG) und das Recht der Religionsgemeinschaften auf Selbstbestimmung (sog. Kirchenfreiheit, Art. 136-141 der Weimarer Reichsverfassung) erlauben es den Kirchen, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln.

Deshalb gelten in Deutschland z.B. für die römisch-katholische Kirche und die in der EKD organisierten evangelischen Kirchen ein eigenes Arbeitsrecht sowie eigene Verwaltungs- und Datenschutzgesetze. Für kirchliche Arbeitnehmer gibt es eigene Mitarbeitervertretungen (MAV) und eine eigene Arbeitsgerichtsbarkeit.

Mit Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) 2018 haben die Kirchen ihr Datenschutzrecht angepasst. Die römisch-katholischen Bistümer haben auf dieser Basis eigene kirchliche Datenschutzgerichte eingeführt, die für alle Bistümer (Diözesen) zuständig sind. Diese Gerichte sind als 1. Instanz das »Interdiözesane Datenschutzgericht« mit Sitz in Köln und als 2. Instanz das »Kirchliche Datenschutzgericht« mit Sitz in Bonn.

© bund-verlag.de (fro, ck)

Quelle

LAG Nürnberg (29.05.2020)
Aktenzeichen 8 Ta 36/20
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