Urlaub

BAG: Unbezahlte Freistellung kürzt den Urlaubsanspruch

11. Juli 2024
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Quelle: © bluedesign / Foto Dollar Club

Wurde ein Arbeitnehmer in der Zeit der Corona-Impfpflicht 2022 unbezahlt von der Arbeitsleistung freigestellt, sind die Zeiten beim Berechnen seines Jahresurlaubs zu berücksichtigen. Dem Arbeitnehmer steht nur ein anteilig kürzerer Urlaubsanspruch zu - so das Bundesarbeitsgericht.

Darum geht es

Die Klägerin ist in einem Seniorenwohnheim als Alltagsbegleiterin beschäftigt. Sie war im März 2022 nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft und verfügte nicht über einen Immunitätsnachweis. Medizinische Gründe, die einer Impfung entgegengestanden hätten, lagen nicht vor. Ihre Arbeitgeberin stellte sie daher mit Schreiben vom 31. März 2022 ab dem 1. April 2022 unter Verweis auf das Tätigkeitsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz in der damals geltenden Fassung frei.

Die Freistellung sollte gelten, bis die Klägerin die im IfSG aF vorgesehenen Nachweise vorlegte, längstens bis zum 31. Dezember 2022. Ab dem 1. September 2022 unterlag die Klägerin dann einem vom zuständigen Gesundheitsamt verfügten, ebenfalls befristeten Tätigkeitsverbot.

Die Arbeitgeberin zahlte an die Klägerin für die streitige Zeit vom 1. April bis zum 31. August 2022 keine Vergütung. Sie meinte außerdem, der Urlaubsanspruch der Klägerin sei für jeden vollen Monat der Freistellung anteilig zu kürzen. Wegen der streitgegenständlichen fünfmonatigen Freistellung sei rechnerisch von einem um 12,5 Tage geringeren Urlaubsanspruch auszugehen, aufzurunden auf 13 Tage.

Mit ihrer Klage hat die Arbeitnehmerin für die Zeit vom 1. April bis zum 31. August 2022 Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs und für einen Teilzeitraum Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geltend gemacht. Außerdem hat sie die Feststellung beantragt, dass ihr für das Jahr 2022 weitere 13 Urlaubstage zustehen.

Die Vorinstanzen haben die Klage insgesamt abgewiesen. 

Das sagt das BAG

Auch beim Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte die Klägerin nur in geringem Umfang Erfolg. Bereits vorab hatte das BAG entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den streitigen Zeitraum zusteht, (BAG, Pressemitteilung 16/24 zum Verfahren – 5 AZR 192/23).

Der Feststellungsantrag auf das Bestehen des ungekürzten Urlaubsanspruchs hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die Klägerin habe für den Zeitraum ihrer Freistellung keinen Anspruch auf weitere Urlaubtage für das Jahr 2022. Die Freistellung wegen Nichterfüllung der Anforderungen des § 20a IfSG aF rechtfertigte eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs, entschied der Fünfte Senat des BAG. 

Kein Urlaubsanspruch aus EU-Recht

Die aufgrund dieser Freistellung nicht geleisteten Arbeitstage seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Erholungszweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub beruht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Lauf des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat. Etwas anderes gilt nur, wenn der Umstand, dass der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat, allein auf Entscheidungen des Arbeitgebers beruht. 

So lag es hier nicht, denn zum einen setzte die Beklagte mit der Freistellung lediglich die Regelungen des IfSG aF um und zum anderen hätte die Klägerin ihre Tätigkeit bei Vorlage der vom Gesetz vorgesehenen Nachweise wieder aufnehmen können. Dass sie dies nicht tat, beruhte auf ihrer freien und höchstpersönlichen Entscheidung, sich nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen.

Dies unterscheidet die Freistellung wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 20a Abs. 1 IfSG aF von anderen Fällen einer einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber, zB nach einer von ihm ausgesprochenen Kündigung während des Laufs der Kündigungsfrist.

Arbeitgeberin durfte nicht aufrunden

Die Klägerin erhält nur noch einen halben Urlaubstag aus dem Jahr 2022 zurück, denn die Arbeitgeberin habe bei der Neuberechnung des Urlaubsanspruchs zu Lasten der Arbeitnehmerin aufgerundet, wofür keine Rechtsgrundlage bestehe, so der Fünfte Senat.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (19.06.2024)
Aktenzeichen 5 AZR 167/23
BAG, Pressemitteilung 17/24 vom 19.6.2024
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