Tarifvertrag

Dienstzeit in norwegischem Orchester ist anzurechnen

27. Juli 2023
Orchester Musik Musical Streicher Geige orchestra violin
Quelle: Pixabay.com /de | Bild von Ernesto Eslava

Im Rahmen des Tarifvertrages für Musiker in Konzert- und Theaterorchestern (TVK) können Zeiten in anderen Orchestern oder sonstigen musikalisch-künstlerischen Tätigkeiten auf die Dienstzeit angerechnet werden. Das geht auch dann, wenn das Orchester nicht mit Mitglied im Deutschen Bühnenverein ist - so das Bundesarbeitsgericht

Das war der Fall

Die Musikerin war im Oktober 2013 für ein Jahr bei einem Orchester beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TVK Anwendung. Laut § 1 des TVK gilt der Tarifvertrag für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, deren Arbeitgeber ein Unternehmermitglied des Deutschen Bühnenvereins ist. In § 15 erlaubt der Tarifvertrag die Anrechnung von Tätigkeitszeiten bei anderen Konzert- und Theaterorchestern als Dienstzeit.
Im Dezember 2013 legte die Klägerin dem Beklagten ein Zertifikat über ihre Anstellung als Violinistin im Bergen Filharmoniske Orkester (Norwegen) in der Zeit vom 3. September 2007 bis zum 21. Dezember 2007 und vom 1. September 2008 bis zum 3. Juni 2009 vor. Ihr Arbeitgeber rechnete diese Tätigkeit nicht als Dienstzeit an. Daraufhin klagte die Musikerin vor dem Arbeitsgericht. Dort bekam sie Recht. Nach erfolgloser Berufung legte der Arbeitgeber Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.

Das sagt das Gericht

Das Bundesarbeitsgericht hat die Auffassung des Arbeitsgerichts bestätigt. Die Tätigkeit der Musikerin bei dem norwegischen Orchester ist als Dienstzeit anzurechnen. Grundlage dafür ist § 15 des TVK, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Auslegung

Nach dem Wortlaut von § 15 TVK sind alle Zeiten, die ein Beschäftigter bei Konzert- und Theaterorchestern als Musiker geleistet hat oder die nach den Absätzen 2 und 3 anzurechnen sind, Dienstzeiten im Sinne des § 15 TVK. Weitere Anforderungen, wie etwa die Beschäftigung bei einem Arbeitgeber, der Mitglied im Deutschen Bühnenverein ist, verlangt § 15 Abs. 1 TVK seinem Wortlaut nach nicht.

Zwar gilt der Tarifvertrag nach § 1 TVK nur für Musiker in Orchestern innerhalb Deutschlands, deren Arbeitgeber Mitglied im Deutschen Bühnenverein ist. Laut Gericht regelt die Norm aber allein, für wen der Tarifvertrag gilt. Der Geltungsbereich bestimmt also nur, ob der Tarifvertrag auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Die Regelung zur Anrechnung von Dienstzeiten verweist auch nicht auf § 1 TVK. Es müssen deshalb nur die Voraussetzungen des § 15 TVK selbst erfüllt sein. Das war hier der Fall, weil die Musikerin in einem Konzertorchester tätig war.

Praxishinweis

Bei Ansprüchen aus Tarifverträgen sollten Arbeitnehmer auch immer auf Ausschlussfristen achten. In Tarifverträgen sind meist Fristen enthalten, innerhalb derer die Beschäftigten den Anspruch geltend machen müssen. Halten sie diese nicht ein, ist der Anspruch verfallen.

Quelle

BAG (16.03.2023)
Aktenzeichen 6 AZR 124/22
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