Kein Anspruch auf unverzügliche Corona-Impfung

Darum geht es:
Ein in Essen wohnhaftes Ehepaar, beide Partner 84 Jahre alt, verlangte von der Stadt Essen, beiden Ehegatten unverzüglich eine Möglichkeit für die Schutzimpfung mit dem verfügbaren Covid19-Impfstoff zu verschaffen.
Die Antragsteller sind der Auffassung, dass sie als über 80‐jährige dem höchsten Risiko ausgesetzt seien, an einer Infektion mit dem Coronavirus zu versterben oder unheilbar zu erkranken.
Sie sind daher der Meinung, es sei rechtswidrig, dass in der Stadt Essen zunächst alle Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeheime und die dort tätigen Personen geimpft würden und zwar auch diejenigen, die das achtzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hätten.
Sie stellen diesbezüglich einen Eilantrag an das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen.
Mit ihrem Eilantrag verlangen die Ehegatten von der Stadt Essen die unverzügliche Impfung, hilfsweise die Vergabe eines Impftermins. Zudem fordert das Ehepaar Aufschluss über die Priorisierung, um nachvollziehbar zu machen, in welcher Reihenfolge der vorhandene Impfstoff innerhalb der Gruppe der Anspruchsberechtigten höchster Priorität verimpft wird.
Stichwort: Coronavirus-Impfverordnung
Die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV)) legt in § 1 fest, wer Anspruch auf die Impfung hat; dazu zählen u.a. alle Personen, die in Deutschland krankenversichert sind oder die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Danach legt die Verordnung Gruppen mit höchster, hoher und erhöhter Impfpriorität fest (§§ 2 – 4 CoronaImpfV). Menschen über 80 und Menschen, die in Pflegeheimen gepflegt werden oder tätig sind, zählen zur Gruppe mit höchster Priorität (§ 2 Nr. 1 und Nr. 2 CoronaImpfV).
Das sagt das Gericht
Die zuständige Kammer des VG Gelsenkirchen hat den Antrag abgelehnt. Die Antragsteller müssten auf die Öffnung des Impfzentrums und die Freischaltung der Telefonnummer für die Terminvergabe warten. Ein Anspruch auf Impfung bestehe nur im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe.
Schutzbedürfnis in Pflegeheimen überwiegt
Es stelle keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, dass der vorhandene Impfstoff zunächst primär durch die dem Impfzentrum angegliederten mobilen Impfteams in Pflegeheimen eingesetzt werde.
Das Schutzbedürfnis sei dort ungleich höher, auch verglichen mit den anderen in § 2 CoronaImpfV genannten Gruppen. Dies entspreche den Erkenntnissen und Empfehlungen der Ständigen Impfkommission.
Die über 80-jährigen, die noch in häuslicher Umgebung wohnten, seien deutlich weniger Kontakten ausgesetzt als die Bewohnerinnen und Bewohner eines Heims. Jedenfalls sei es Personen in Gemeinschaftseinrichtungen nicht gleichermaßen möglich, zum Eigenschutz die Kontakte soweit wie möglich zu reduzieren.
Terminvergabe ist in NRW Sache des Landes
Die Hilfsanträge der Antragsteller seien, soweit sie gegen die Stadt Essen gerichtet seien, bereits unzulässig. Die Terminvergabe erfolge in Nordrhein-Westfalen nicht durch die Kreise und kreisfreien Städte. Der Stadt sei es weder rechtlich noch tatsächlich möglich, in die Terminvergabe einzugreifen. Auch zu der begehrten Priorisierung sei die Antragsgegnerin nicht befugt.
Das nordrhein-westfälische Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales habe sich die Konkretisierung der Priorisierungsempfehlungen der Ständigen Impfkommission ausdrücklich selbst vorbehalten.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.
Linktipp:
Informationen zur Corona-Impfung: www.116117.de (Kassenärztliche Bundesvereinigung)
https://www.116117.de/de/corona-impfung.php
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Quelle
Aktenzeichen 20 L 1812/20
Quelle: VG Gelsenkirchen, Pressemitteilung vom 11.1.2021