Kündigung

Kirchenmusiker: Kein Rauswurf für Verpassen einer Trauerfeier

04. August 2023
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Quelle: Pixabay.com/de | Bild von James Smith

Dass ein Kirchenmusiker fahrlässig eine Trauerfeier versäumt, berechtigt die Kirchengemeinde nicht zwingend zur außerordentlichen Kündigung. Einen etwaigen Vorsatz muss die Gemeinde beweisen. Gelingt dies nicht, setzt die Kündigung eines tariflich unkündbaren Kirchenmusikers zumindest eine einschlägige Abmahnung voraus - so das Arbeitsgericht Lübeck.

Darum geht es

Der Kläger ist bei einer Kirchengemeinde seit mehr als 25 Jahren als Kirchenmusiker beschäftigt. Aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung kann dem Kläger nicht mehr ordentlich gekündigt werden. Er erhielt in 2022 bereits drei Abmahnungen.

Im Dezember 2022 sagte der Kläger gegenüber dem Gemeindebüro verbindlich die musikalische Begleitung einer vier Tage später stattfindenden Trauerfeier zu. Noch am gleichen Tage sprach der zuständige Pastor die für die Trauerfeier vorgesehene Liederauswahl auf den Anrufbeantworter des Klägers. Dieser erschien aber nicht zur Trauerfeier und war auch telefonisch nicht erreichbar. Einer Bitte des Pastors um Rückruf kam er auch nicht nach.

Drei Tage später entschuldigte sich der Kläger per E-Mail und begründete sein Fehlen mit einem seit Tagen anhaltenden Dauereinsatz für ein Kindermusical. Die beklagte Kirchengemeinde ging von vorsätzlichem Verhalten des Klägers aus und kündigte ihm unter dem 8. Februar 2023 außerordentlich.

Das sagt das Gericht

Das Arbeitsgericht Lübeck hat der Kündigungsschutzklage des Musikers stattgegeben. Das Gericht war nicht überzeugt, dass er den Termin vorsätzlich verpasst hat.

Allein das fahrlässige Übersehen der Trauerfeier, die fehlende Erreichbarkeit und sein Verhalten im Nachhinein seien zwar gravierende Vertragsverstöße. Sie reichten aber ohne eine vorherige thematisch einschlägige Abmahnung aus, um eine außerordentliche Kündigung zu begründen.

Die drei Abmahnungen, die der Kläger 2022 von der Gemeinde erhalten hatte, bezogen sich nach Auffassung des Arbeitsgerichts aber auf ganz andere Themen und konnten deshalb nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen werden. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Hinweis für die Praxis

Auch eine tarifliche oder kirchenarbeitsrechtlich verdiente Unkündbarkeit hat ihre Grenzen. Andererseits sollen Arbeitgeber den erhöhten Bestandsschutz, den sich Beschäftigte durch eine langjährige Tätigkeit tariflich verdient haben, auch nicht ohne weiteres unterlaufen können. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist daher nur unter den strengen Anforderungen einer außerordentlichen Kündigung möglich. Diese setzt eine einschlägige Abmahnung voraus, falls der Verstoß nicht so gravierend ist, dass dem Arbeitgeber die weitere Zusammenarbeit unzumutbar wird. Daran fehlte es aber hier, denn nach Auffassung des Gerichts hatte der Kirchenmusiker die Trauerfeier nicht vorsätzlich verpasst. 

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

ArbG Lübeck (15.06.2023)
Aktenzeichen 1 Ca 323 öD/23
LAG Schleswig-Holstein, Pressemitteilung Nr. 4/2023 vom 31.7.2023
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