Pflege und Beruf

So unterstützen Betriebe pflegende Beschäftigte

23. März 2018 Pflege, Vereinbarkeit
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Quelle: © drubig-photo / Foto Dollar Club

Jeder elfte Beschäftigte muss Job und Pflege eines Angehörigen miteinander vereinbaren – Tendenz steigend. Prof. Dr. Simone Leiber und Laura Schultz haben in elf ausgewählten Betrieben untersucht, wie Arbeitgeber Betroffene erfolgreich unterstützen können. In der Ausgabe 2/2018 der »Sozialen Sicherheit« präsentieren sie Ergebnisse, die auch Mut machen.

Immer mehr Unternehmen müssen damit rechnen, dass ihre Beschäftigten Pflegeverantwortung und Erwerbstätigkeit in Einklang bringen müssen. Dies gilt längst nicht mehr nur für Frauen, sondern auch für Männer. So ist der Anteil der erwerbstätigen männlichen Hauptpflegepersonen allein von 1998 bis 2010 von 20 auf 28 Prozent gestiegen.

Rechtsanspruch auf Arbeitszeitverkürzung

Zwar gibt es in Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten die Möglichkeit, für bis zu sechs Monate eine Aus- oder Teilzeit für die Pflege nach dem Pflegezeitgesetz zu nehmen. Und in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten gibt es sogar einen Rechtsanspruch auf eine bis zu zweijährige Arbeitszeitverkürzung nach dem Familienpflegezeitgesetz. Doch einen finanziellen Ausgleich dafür gibt es nicht – allenfalls nur ein rückzahlbares zinsloses Darlehen.

Pflege- und Familienpflegezeit werden kaum in Anspruch genommen

So verwundert es nicht, dass die Pflegezeit und Familienpflegezeit in den untersuchten elf Betrieben kaum in Anspruch genommen wurde und auch kaum bekannt war: Nur ein einziger Befragter hatte eine Familienpflegezeit beansprucht.

In den meisten Betrieben wurden dagegen Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie tarifliche und informelle Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf genutzt und bevorzugt. Die überwiegende Zahl der pflegenden Söhne arbeitete trotz Pflege kontinuierlich in Vollzeit weiter und holte sich Unterstützung von professionellen Pflegediensten.

Flexible Arbeitszeiten sind wichtig

Als ganz wichtig erwies sich dabei, wenn die Pflegenden ihre Arbeitszeit flexibilisieren konnten. Mehrere Betriebe ermöglichten ihren pflegenden Beschäftigten auch einen flexiblen Arbeitsort (Heim- oder Telearbeit). Als weitere innovative Maßnahmen wurden zum Beispiel registriert:

  • Die Schaffung einer eigenen innerbetrieblichen Anlaufstelle für pflegende Beschäftigte.
  • Spezifische Dienstvereinbarungen, die Pflegenden ermöglichen, flexibel auf individuelle Bedürfnisse zu reagieren.
  • Die Einrichtung eines sehr flexiblen Pflegezeitkontos mit der Möglichkeit, bis zu 250 Plus- und 400 Minusstunden langfristig auszugleichen.
  • Die Möglichkeit eines qualifikationsgerechten Arbeitsplatzwechsels (z.B. vom Außen- in den Innendienst) innerhalb des Unternehmens.
  • Die Ermöglichung von Jobsharing für Führungskräfte.
  • Besondere Informationsangebote zum Thema »Pflege« oder ein moderierter Gesprächskreis mit Vorträgen von Experten und Exkursionen in Pflegeeinrichtungen.

Neben solchen formal geregelten Angeboten hatten die informellen Regelungen eine hohe Bedeutung für die Umsetzung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Erst sie ermöglichen meist passgenaue Lösungen.

Alle genannten Maßnahmen – so die Autorinnen – nutzen aber nur begrenzt, wenn nicht das entsprechende Vertrauensklima im Betrieb vorhanden ist. Nach wie vor sei das Thema »Pflege« negativ besetzt. Daher sprechen pflegende Beschäftigte ihre Situation im Betrieb – vor allem im Vergleich zu (werdenden) Eltern – seltener an. Es komme daher ganz entscheidend darauf an, eine pflegesensible Unternehmenskultur zu entwickeln.

Hier seien auch die betrieblichen Interessenvertretungen gefragt. Bis auf wenige Ausnahmen konnten die Betriebs- und Personalräte in den beobachteten Betrieben aber nicht als zentrale Initiatoren von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ausgemacht werden. Das stellen Simone Leiber (Universität Duisburg-Essen) und Laura Schultz (Hochschule Düsseldorf) in dem Beitrag »Wenn Beschäftigte Angehörige pflegen: Anforderungen an die betriebliche Sozialpolitik« in der Ausgabe 2/2018 der »Sozialen Sicherheit« fest.

© bund-verlag.de (HN)

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