Betriebsratsvergütung

5 Fragen zur neuen Betriebsratsvergütung

12. August 2024 Betriebsratsvergütung, 5 Fragen
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Quelle: magele_Dollarphotoclub

Seit dem 25.7.2024 ist die Reform der Betriebsratsvergütung in Kraft. Was sind die wesentlichen Änderungen? Welche Rolle spielen »vergleichbare Arbeitnehmer«? Sollten Betriebsräte jetzt eine Betriebsvereinbarung abschließen? Antworten auf 5 Fragen zur neuen Rechtslage gibt der Experte Jochen Homburg.

1. Was sind die wesentlichen Änderungen bei der Betriebsratsvergütung?

Zunächst muss man den Hintergrund kennen, der zur Änderung der Paragraphen im BetrVG geführt hat, welche die Vergütung von Betriebsräten regeln sollen. Am 10.1.2023 hatte der BGH in Strafsachen eine Entscheidung (BGH 10.1.2023 – 6 StR 133/22) verkündet, die sich auch mit der Vergütung von Betriebsräten auseinandergesetzt hat. Die vom BGH in dieser Entscheidung aufgestellten Regelungen schienen sich auf den ersten Blick nicht mit der ständigen Rechtsprechung des eigentlich zuständigen Bundearbeitsgerichtes zu beißen. Auf den zweiten Blick fielen jedoch viele kleine Unterschiede im Detail auf, die zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit geführt hatten. Diese Rechtsunsicherheit sollte durch die jetzt in Kraft getretenen Gesetzesnovelle beseitigt werden. Daher ist die wesentliche Änderung, dass es wieder Rechtssicherheit gibt und kein Auseinanderfallen von Arbeitsrecht und Strafrecht.

Deshalb ist es auch zu begrüßen, dass die Beibehaltung des Ehrenamtsprinzips erneut in den Bestimmungen klargestellt wurde. 

Eine wesentliche Änderung ist, dass der Zeitpunkt der erstmaligen Amtsübernahme im Betriebsrat auch für alle Mitglieder des Betriebsrates einheitlich der Zeitpunkt zur Festlegung der Vergleichspersonen ist.

Auch wird klar gestellt, dass sich die vergleichbaren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei Vorliegen einer rechtlichen Begründung nachträglich ändern können. Man hätte in der Gesetzesnovelle deutlicher die Umstände hierfür ausformulieren können. So steht zu befürchten, dass sich hieraus neue Streitigkeiten entwickeln könnten. In der Betriebsvereinbarung kann auch vereinbart werden, dass erworbenen Kenntnisse, Qualifikationen und Fähigkeiten der Betriebsräte bei der Entgeltfindung berücksichtigt werden.

Ein wesentlicher neuer Aspekt ist die Möglichkeit, dass Betriebsvereinbarungen eine auf das Unternehmen zugeschnittene Lösung für Streitfragen der Betriebsratsvergütung bieten. Dies führt auch zu einer größeren Rechtssicherheit im Hinblick auf das Strafrecht, solange die Regelungen nicht willkürlich sind. Solche Betriebsvereinbarungen werden auch Rechtsstreitigkeiten vor Gericht in größerem Umfang ersetzen können, wenn sie flächendeckend abgeschlossen werden. Insoweit wäre eine Erzwingbarkeit einer Betriebsvereinbarung zur Betriebsratsvergütung wünschenswert gewesen.

Als ein wichtiger Punkt ist noch der Anspruch zur fiktiven Beförderung von Betriebsräten – also von möglichen hypothetischen Karrieren – in der Gesetzesbegründung zu nennen. 

2.    Welche Rolle spielen »vergleichbare Arbeitnehmer«?

Die Rolle der vergleichbaren Arbeitnehmer aus § 37 Abs. 4 BetrVG hat sich auch mit der Novelle nicht geändert. Sie dienen als »Beweiserleichterung«, die angemessene Entwicklung eines Betriebsrates zu finden. Der Betriebsrat entwickelt sich, wie der Durchschnitt der vergleichbaren Arbeitnehmer seiner Gruppe. Auch wenn es in der Praxis hierzu immer wieder Schwierigkeiten gibt, weil sich Menschen doch nicht so leicht vergleichen lassen.

3.    Sind die neuen Regeln auch für nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder relevant? 

Die neuen Regelungen in den §§ 37 und 78 BetrVG gelten für alle Mitglieder des Betriebsrates. In vielen Fällen werden Mitglieder des Betriebsrats, die nicht vollfreigestellt sind, auch noch in ihren Abteilungen weiter an der Karriereentwicklung teilhaben. Dort wo dies jedoch nicht geschieht, können sie auch auf die neuen Regelungen zurückgreifen.

4.    Sollten Betriebsräte jetzt eine Betriebsvereinbarung abschließen? 

Wichtig ist, nach dem Inkrafttreten der neuen Regelungen im Gesetz, die Situation im Betrieb zu analysieren und sich Unterstützung zu organisieren. In manchen Fällen wird eine Änderung vielleicht gar nicht notwendig sein. In vielen Fällen werden aber die neuen Regelungen auch zu veränderten Ansprüchen führen. Ich denke da insbesondere an die Berücksichtigung von im Amt erworbenen Fähigkeiten. Daher sollte sich Betriebsräte beraten lassen und dann mit Ihrem Arbeitgeber den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung zur Vergütung der Betriebsräte anstreben.

5.    Was sollten Betriebsräte tun, wenn sich Arbeitgeber nicht an die neuen Vorgaben halten?

In diesen Fällen hat sich leider nichts geändert. Sollte man mit Argumenten und guten Worten nichts bewirken können, bleibt weiterhin nur der Klageweg. Die Aussichten dürften sich jedoch in vielen Fällen verbessert haben.

Der Interviewpartner:

Jochen Homburg, Rechtsanwalt und Tarifsekretär beim Vorstand der IG Metall, Frankfurt am Main.

© bund-verlag.de (ls)

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