Nominierung: Deutscher Betriebsräte-Preis 2013

Projekt: Aufbau eines studentischen Betriebsrats
Bewerber/in: Betriebsrat der Greater Union First Cinema B.V. & Co. KG, Mainz  (CineStar Kinos)
Beschäftigtenzahl: 130
Branche: Kino
Gewerkschaften: ver.di


Stichworte zum Projekt

  • Dauerhaftes Unterlaufen von gesetzlichen Mindeststandards und Streichung von Vergünstigen führt zur Gründung eines Betriebsrats
  • Trotz massiven Widerstands des Arbeitgebers und juristischer Auseinandersetzungen erzielt das Gremium deutliche Verbesserungen fürMitarbeiter

Motiv

Die Beschäftigungsstruktur bei den CineStar Kinos, in Deutschland mit ca.70Niederlassungen präsent, ist vornehmlich durch Minijobber, Teilzeitbeschäftige, darunter viele Studenten und einen geringen Anteil von Vollzeitkräften geprägt (beachten Sie dazu auch das Projekt des Betriebsrats der CineStar Bamberg auf den Seiten 54–55 in diesem Buch).

Bis zur Gründung eines Betriebsrates war die Situation in Mainz durch rigide Vorgaben der australischen Investoren geprägt, die aus Sicht des Gremiums »mehr als arbeitnehmerfeindlich waren«. So wurde den Mitarbeitern viele Jahre kein Urlaub gewährt, auch Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Nachtzuschläge waren dem Arbeitgeber bis dahin ein Fremdwort. Selbst Fehlbestände in den Kassen wurden den jungen Aushilfen vom Lohn abgezogen.
Das hatte massive Auswirkungen auf die Stimmung in der vor allem studentisch geprägten Belegschaft, die Stundenlöhne von 6,50 € erhielt. Der Tropfen, der das Fass bei den Mitarbeitern schließlich zum Überlaufen brachte, war relativ marginal: Die bisher gewährten Freikarten für die Mitarbeiter wurden durch das Unternehmen ersatzlos gestrichen.

Vorgehen

Mit Hilfe der Gewerkschaft ver.di gründeten die Mitarbeiter dann im Jahr 2011 innerhalb von 3 Monaten einen Betriebsrat.
Nach der Wahl konstituierte sich ein siebenköpfiges Gremium. Aufgrund der Beschäftigungsstruktur im Unternehmen bildete sich eine rein studentische Mitarbeitervertretung. Für die neuen Betriebsräte eine zusätzliche Herausforderung, da ihre Tätigkeit als Betriebsrat nun auch mit der Hauptbelastung durch das Studium zu vereinbaren war.

Ergebnisse

Der Widerstand der Geschäftsleitung gegen die Arbeit und die Anliegen des neu gewählten Gremiums waren zum Teil massiv. So wurden Ihnen, laut Eigenaussage, »auf diesem Weg keine Steine, sondern Felsbrocken in den Weg gelegt. Selbst um Grundlagenseminare musste man vor Gericht streiten.«
Das Gremium ließ sich von diesem Widerstand nicht beindrucken und schreckte auch vor juristischen Auseinandersetzungen nicht zurück. Dies führte zu häufigen juristischen Konfrontationen, die dazu führten, dass der Betriebsrat bis zu drei Anwälte zeitgleich mit der Fülle an Streitigkeiten beschäftigte.
Erfolgreich konnten sie sich für die Durchsetzung gesetzlicher Mindeststan dards hinsichtlich Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitszeiten und die Vereinbarung von Zulagen für Nachtvorstellungen und die Reinigung der Dienstkleidung einsetzen. Freikarten bekommen die Mitarbeiter auch wieder, oben drauf dürfen sie jetzt auch Freunde als Begleitung mitbringen.
Mitte 2013 musste sich das junge Gremium zudem mit Sozialplan- und Interessensausgleichs-Verhandlungen beschäftigen, in denen die Zukunft der Filmvorführer besiegelt wurde, die durch die konzernweite Digitalisierung (Umstieg von Filmrollen auf vernetzte Festplatten) teilweise ihre Jobs verloren. Nach harten Verhandlungen fand man auch hier im August 2013 eine zufriedenstellende
Lösung.
Der aus Sicht des Gremiums größte Erfolg liegt darin, dass nach einem sechsmonatigen Streik die betriebliche Tarifkommission (überwiegend BR-Mitglieder), einen Tarifvertrag für 52 CineStar Kinos in Deutschland ab dem Jahr 2013 erzielen konnte, der die Löhne deutschlandweit für die nächsten vier Jahre sichert.