2. Arbeitsbedingte psychische Belastungen und die Folgen

2.1 Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung

Psychische Störungen sind in der Allgemeinbevölkerung relativ weit verbreitet. Nach einer großen europäischen Studie ist etwa ein Drittel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Laufe eines Jahres einmal von einer psychischen Störung betroffen. Dementsprechend häufig sind psychische Störungen auch unter den Beschäftigten. Nur ein Teil dieser Krankheitslast schlägt sich in den Arbeitsunfähigkeitsdaten nieder (Abb. 16).

Von der Größenordnung her werden diese Angaben durch Behandlungsdaten der Krankenkassen bestätigt. Demnach wies beispielsweise – nach den aktuell zugänglichen Daten – etwas mehr als ein Drittel der Versicherten der Barmer-GEK im Jahr 2015 im ambulanten Bereich eine Diagnose aus dem Bereich der psychischen Störungen auf (Abb. 17).

Abb. 17: Psychische Störungen, Diagnosen im ambulanten Bereich, Anteil der betroffenen Versicherten
Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 2010* 2011 2012 2013 2014 2015
Häufigkeiten 27,8% 28,6% 29,1% 29,4% 31,5% 32,3% 32,6% 32,9% 34,0% 35,2% 36,3%

Datenquelle: Barmer-GEK Arztreport 2017; * Veränderung zum Vorjahr durch Wechsel der Population nur bedingt interpretierbar

Dass psychische Störungen immer häufiger Anlass für ärztliche und psychotherapeutische Behandlungen sowie für Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung werden, zeigt sich in deutlich in den Routinedaten des Versorgungssystems. So gab es beispielsweise bei den Krankenhausfällen infolge von psychischen Störungen im erwerbsfähigen Alter (15 bis unter 65 Jahre) 2015 fast 1 Mio. stationäre Behandlungsfälle, 32% mehr als zu Beginn des Jahrtausends (Abb. 18).

Die Psychopharmaka-Verordnungen nehmen seit Jahren zu, und zwar die so genannten Psychoanaleptika. Psychoanaleptika und Psycholeptika sind die beiden Hauptgruppen. Psychoanaleptika umfassen Medikamente mit vorwiegend anregender Wirkung, Psycholeptika solche mit vorwiegend dämpfender Wirkung auf die Psyche. Zur Untergruppe der Psychoanaleptika gehören beispielsweise Antidepressiva sowie Ritalin. Beispiele für Psycholeptika sind zentral wirksame Schmerz-, Beruhigungs- und Schlafmittel sowie Antipsychotika. Psychoanaleptika-Verordnungen in Deutschland haben zwischen 2006 und 2016 um mehr als 75 % zugenommen, darin spiegelt sich zum Teil auch der Anstieg der diagnostizierten Depressionen wider. Psycholeptika-Verordnungen gingen dagegen im selben Zeitraum leicht zurück (Abb. 19).

Lothar Schröder, u.a.
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