Preisträger 1 Silber - Deutscher Betriebsräte-Preis 2009

Silber_2009

Projekt:

Beschäftigung sichern – Zukunft gestalten

Bewerber/in: Betriebsrat der ZF Friedrichshafen AG
Beschäftigtenzahl: ca. 8.500
Branche: Metall- und Elektroindustrie
Gewerkschaften: IG Metall

Stichworte zum Projekt

  • Umfassendes und vorausschauendes Maßnahmenkonzept in enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber
  • Solidarische Verteilung der Lasten durch Beschäftigungssicherungsfonds

Motiv

Der Betriebsrat am Standort Friedrichhafen sah sich seit Ende 2008 mit extremen Stückzahlrückgängen bei der Nachfrage nach schweren LKW-Getrieben konfrontiert. Hatte man zur Hochphase täglich noch bis zu 1200 produziert, sank diese Zahl durch den Einbruch der gesamten Nutzfahrzeugkonjunktur auf unter 400 am Tag. Der Betriebsrat hatte erreicht, dass ein Großteil der Leiharbeitsverhältnisse in befristete ZF-Stellen umgewandelt wurde. Erschwert wurde die Situation dadurch, dass die ZF aufgrund der Kundenanforderungen 2008 umfangreich in Maschinen und Anlagen investiert hatte. Eine extreme personelle Unterauslastung bei gleichzeitig hohen Kosten durch die erhöhte Kapitalbindung waren nun die Folgen, Kurzarbeit bei über 2500 Beschäftigten unumgänglich. Vor diesem Hintergrund wurden folgende Ziele definiert: Sicherung der Arbeitsplätze, Reduzierung der finanziellen Auswirkungen aufgrund der gesunkenen Nachfrage auf die Beschäftigten, möglichst gerechte Verteilung der Lasten auf alle Beteiligten und Nutzung der entstehenden zeitlichen Ressourcen für die Qualifizierung der Beschäftigten.

Vorgehen

Im November 2008 erarbeitete der Betriebsrat ein Maßnahmenkonzept und stellte dies dem Arbeitgeber vor. Neben der Möglichkeit zur Nutzung der klassischen Elemente von Kurzarbeit oder dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung umfasst das Konzept verschiedene Elemente, die flexibel eingesetzt werden können und folgende Maßnahmenbereiche beeinhalten:

  • Arbeitszeit und Zeitkonten
  • Qualifizierung
  • Erhöhung der Auslastung
  • Anpassung der Personalkapazitäten durch sozialverträgliche Maßnahmen
  • Auszubildende/BA-Studenten
  • Nutzung gesetzlicher und tariflicher Möglichkeiten
  • sonstige Maßnahmen

Diese Elemente wurden in einer Rahmenvereinbarung detailliert mit dem
Arbeitgeber verabredet.

Ergebnisse

»Qualifizieren statt Entlassen«: Der Betriebsrat setzte auf für die Mitarbeiter maßgeschneiderte Anpassungsqualifizierungen und auf Vollzeitqualifizierungsprogramme, um dem strukturellen Facharbeiter- und Ingenieurmangel entgegenzuwirken. Außerdem wurde ein Stipendienprogramm für Studierwillige initiiert, mit dem Arbeitgeber vereinbart und finanziell ausgestattet.
Der Betriebsrat konnte eine Verlängerung der im September 2009 auslaufenden befristeten Verträge bis zum 30.6.2010 erzielen. Damit wird auch eine weitere Teilnahme dieser über 500 betroffenen Beschäftigten an den Qualifizierungsprogrammen ermöglicht.
»Der Jugend eine Chance«: Auszubildende und BA-Studenten werden in 2009 übernommen. Auszubildende sind von Kurzarbeit ausgenommen. Für rentennahe Jahrgänge wurde ein Abfindungsprogramm aufgelegt. »Abfederung des Entgeltverlustes bei Kurzarbeit«: Ergänzend zur tariflichen Ausgestaltung der notwendigen Kurzarbeit wurde eine betriebliche Aufstockungssystematik auf das Kurzarbeitergeld entwickelt.
»Solidarität durch Beschäftigungssicherungsfonds«: Zur Finanzierung der oben beschriebenen Maßnahmen wurde ein solidarischer Fonds aufgelegt, in den Beschäftigte und Arbeitgeber Mittel einbringen. Dazu spendete z.B. jeder Arbeit nehmer 15 Stunden aus seinem Gleitzeitkonto, zahlreiche Beschäftigte beteiligten sich auch mit deutlich höheren Stunden-Spenden. Die Führungskräfte verzichten in 2009 auf eine Erhöhung ihrer Bezüge, der eingesparte Betrag fließt dem Fonds zu. Zudem werden Mittel aus einer Verschiebung der zweiten tariflichen Erhöhungsstufe der Tarifmitarbeiter– zweckgebunden– eingebracht. Außerdem stellt das Unternehmen noch einmal einen vergleichbaren Betrag zur Verfügung, so dass der Fonds nun insgesamt mit einem zweistelligen Millionenbetrag gefüllt ist.Über die Nutzung der Mittel des Beschäftigungssicherungsfonds entscheiden Arbeitgeber und Betriebsrat paritätisch.