Projekt: | Zu wenig Pfleger für zu viele Patienten! Wir brauchen mehr Personal - Betriebsräte machen mobil |
Bewerber/in: | Betriebsrat der Helios Klinikum Salzgitter GmbH |
Beschäftigtenzahl: | 501-1000 |
Branche: | Gesundheitswesen/ Krankenhäuser |
Gewerkschaften: | ver.di |
Stichworte zum Projekt
Motiv
Arbeitsverdichtung, schlecht planbare Dienste, zunehmende Verschärfung bei der personellen Ausstattung. Pflegekräfte stehen unter einem enormen Druck, die Anforderungen nehmen kontinuierlich zu. Der Ruf nach Entlastung wird immer lauter. Die prekäre Personalsituation führt zudem zu häufigen Verletzungen von arbeitszeitrechtlichen Vorgaben und der Mitbestimmung bei Dienstplänen und deren Änderungen. Auch im Helios Klinikum Salzgitter wird das Personal, aus Sicht des Betriebsrats, auf das absolute Minimum heruntergefahren. Die verbleibenden Beschäftigten fühlen sich dennoch verantwortlich, eine patientengerechte Versorgung aufrecht zu erhalten und stoßen damit an ihre Belastungsgrenzen, mit zum Teil massiven Folgen für die eigene Gesundheit und das Privatleben. Der Betriebsrat bemängelte seit langem, dass verlässliche Dienstpläne fehlten und die Mitarbeiter sehr häufig "aus dem Frei" geholt wurden. Es fehlten praxistaugliche Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeit, Ausfallmanagement und Dienstplangenehmigung. Um die Beschäftigten endlich vor der ständigen Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber zu schützen, wurde das Gremium nachhaltig aktiv.
Vorgehen
Da nach einhelliger Rechtsprechung keinerlei Mitbestimmung des Betriebsrates bei der Personalausstattung besteht, sah die Betriebsräte eine Möglichkeit, indirekte Hebel anzusetzen. Dies erfolgt über Mitbestimmung zu Fragen der Arbeitszeit und insbesondere bei Dienstplanänderungen. Da in den Kliniken die Personaldecke auf ein Minimum heruntergefahren ist, führt z.B. jeder Krankheitsausfall zu einer Ausnahmesituation. Hier hat das Gremium konsequent angesetzt.
Ergebnisse
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei jeder Änderung des Dienstplanes. Dieses wurde konsequent eingefordert. Zugestimmt wurde Änderungen nur dann, wenn vorher über ein vernünftiges Personalausfallmanagement (Springerpool, Rufbereitschaft etc.) ausreichend Personal zur Verfügung gestellt wurde. Hierfür erteilte der Betriebsrat vorab seine Zustimmung, allerdings nur dafür. In den Fällen, in denen der Arbeitgeber sich nicht daran hielt, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung. Jeder Verstoß des Arbeitgebers wird mit einem Unterlassungsverfahren gemäß § 23 BetrVG sanktioniert.
Das Motto des Gremiums: Wenn der Arbeitgeber eine ausreichende Personalreserve vorhält, ist alles in Ordnung und der Betriebsrat gibt vorab sein Okay, wenn allerdings nicht, wird der Arbeitgeber mit Unterlassungsverfahren zu Strafzahlungen in erheblichen Ausmaßen verklagt. Durch Einigungsstellenverfahren und gerichtliche Auseinandersetzungen erwirkte der Betriebsrat so im April 2018 eine Strafzahlung von € 135.000. Außerdem wurde ein wegweisendes BAG-Urteil zur Mitbestimmung bei Dienstplänen erzielt. Der Arbeitgeber muss nun auf Augenhöhe mit dem Betriebsrat verhandeln, wenn er weitere Zwangsgelder vermeiden will.