Gold für den Betriebsrat der Klinikum Coburg GmbH

Preis 2017 Gold

Projekt: Beteiligung der Rotkreuzschwestern an Betriebsratswahlen – Der Weg in den TVöD
Bewerber/in: Betriebsrat des Klinikum Coburg GmbH
Beschäftigtenzahl: ca. 2.100
Branche: Gesundheitswesen
Gewerkschaften: ver.di

Stichworte zum Projekt

  • Statt Gestellungsverträgen fordert BR Gleichstellung von Rotkreuzschwestern und Beteiligung an BR-Wahlen
  • Betriebsrat erreicht ihre Teilnahme an BR-Wahlen 2014
  • Beschäftigung der Rotkreuzschwestern direkt beim Klinikum und Entlohnung nach TVöD

Motiv

Rotkreuzschwestern sind Vereinsmitglieder. Rotkreuzschwestern sind Pflegekräfte. Seit mehr als 100 Jahren haben sie auf der Basis von Gestellungsverträgen in Krankenhäusern mitgearbeitet, ohne Arbeitnehmern gleichgestellt zu sein. Das Berufsbild hat sich über die Jahrzehnte grundlegend gewandelt: Aus Mitgliedern einer klosterähnlichen Gemeinschaft sind heute in der Regel schwerarbeitende Berufstätige geworden, oft verheiratet und nicht selten Alleinverdiener ihrer Familie. Das „Ordensprivileg“ nach BetrVG ist aus Sicht des Betriebsrats nicht zu rechtfertigen, heutige Rotkreuzschwestern sind Leih-Arbeitnehmer und damit Kolleginnen.

Vorgehen

Die Klinikum Coburg GmbH versuchte über einen Gestellungsvertrag von Schwestern aus der Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes e.V. den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVÖD) zu unterlaufen. Gestelltes Personal steht mit dem Krankenhaus weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem sonstigen Vertragsverhältnis. Die Rotkreuzschwestern erbringen ihre Arbeitsleistung im Krankenhaus allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Schwesternschaft. Seit 2002 versuchte der Betriebsrat der Klinikums-GmbH immer wieder die gestellten Pflegekräfte der Schwesternschaft auf die Wählerliste zur Betriebsratswahl zu setzten.

Ergebnisse

Nach einem engagiertem Kampf und unter Anwendung sämtlicher vom Betriebsverfassungsrecht (§ 7 Satz 2 BetrVG räumt Leiharbeitnehmern ein aktives Wahlrecht ein, sie zählen danach auch bei der Größe des BR mit) zur Verfügung gestellter Rechte gelang dem Gremium dies erstmalig bei der Betriebsratswahl 2014. Der Betriebsrat des Klinikums Coburg GmbH ist der erste, der von Rotkreuzschwestern mitgewählt und in der Rotkreuzschwestern Mitglied des Betriebsrats sind. Der Gestellungsvertrag wurde sukzessive abgebaut und seit 2017 sind alle 560 ehemaligen Rotkreuzschwestern direkt beim Klinikum beschäftigt und werden nach TVöD bezahlt. Der Betriebsrat des Klinikums Coburg ist damit seiner Zeit weit voraus gewesen, denn erst in 2016 entschied der Europäische Gerichtshof über die Arbeitnehmerschaft bzw. Leiharbeitnehmerschaft von gestellten Rotkreuzschwestern und bejahte diese. Das Bundesarbeitsgericht schloss sich dem in 2017 an.

Weitere rechtliche Informationen:

Der Europäische Gerichtshof hat am 17. November 2016 -C-216/15 entschieden: Vereinsrechtlich organisierte Rot-Kreuz-Schwes­tern sind nach deutschem Recht zwar keine Arbeitnehmer. Wenn sie aber mit nahezu denselben arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen wie das Stammpersonal be­schäf­tigt werden, was laut EuGH in der Ruhrlandklinik „naheliegt“, greifen die Bestimmungen zur Leiharbeit.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 21.Februar 2017 - 1 ABR 62/12 - entschieden, dass die Gestellung von Mitgliedern der DRK-Schwesternschaft Essen e.V. als Arbeitnehmerüberlassung einzustufen ist. Damit gilt für die DRK-Schwesternschaft zukünftig das novellierte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).

Der Bundesrat hat am Freitag, 7. Juli 2017, die am 1. Juni 2017 vom Bundestag beschlossene Änderung des DRK-Gesetzes gebilligt. Danach gilt für gestellte Rotkreuzschwestern die im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorgesehene Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten nicht. Eine unbefristete Gestellung ist weiterhin möglich.